Geile Halbzeit

Die DTM macht 2018 richtig Spaß. Vor allem mit spannenden Rennen sorgt die populäre Tourenwagen-Serie für verdammt viel Laune. Zum Abschluss der ersten Saisonhalbzeit gab es auch wieder einen echten Dreikampf der Premium-Marken Audi, BMW und Mercedes.

Drei gestandene Motorsportler, dreimal höchste Emotion. Solche Reaktionen von sonst so supercoolen Rennfahrern zeigen: Die DTM macht 2018 richtig Spaß. Denn in der international populären Tourenwagen-Serie made in Germany geht es momentan verdammt eng zu. Schon in der Qualifikation: Da lagen bei den ersten zehn der insgesamt zwanzig DTM-Läufe im Durchschnitt pro Runde nur 1,038 Sekunden zwischen dem Ersten und dem Letzten.

Und in den bislang zehn Saisonrennen gab es sechs verschiedene Sieger: René Rast (Audi), Timo Glock, Marco Wittmann (beide BMW), Edoardo Mortara, Paul Di Resta und der aktuelle Tabellenführer Gary Paffet (alle Mercedes). Fast jeder hatte bis zur Zielflagge arg zu kämpfen. Und auch dahinter wurde gerangelt bis zum Abwinken. Was den Fahrern, genauso wie den Fans, echt Riesenfreude machte – und macht.

TOTALE BACKSTAGE-DRÖHNUNG

Doch nicht nur für die Tribünen von Hockenheimring, Lausitzring, Hungaroring, Norisring und Zandvoort Circuit liefert die DTM 2018 Autorennen vom Feinsten. Ihr Fahrerlager verdient tatsächlich den Namen Fan-Village. Hinter den Boxen geht es ab wie beim Rockfestival und auf der Fußball-Fanmeile. Rundum: lecker Essen und Trinken, sogar bequeme Lounge-Sessel zum Ausruhen. Vor allem aber: Es gibt die totale Backstage-Dröhnung.

Heißt: Interview-Runden und Autogrammstunden mit allen 18 Piloten, Fan-Terrasse, Blick hinter die Kulissen von Teams, Rennleitung, technischer Abnahme und Reifenlieferant, Streckenwanderung, Boxengassen-Besuche. Voll auf die Zwölf: Motorsport auf Augenhöhe und in Reichweite. „Laut. Nah. Dran.“ Stimmt! Das aktuelle DTM-Motto wird konsequent umgesetzt. Im zweiten Jahr unter der Leitung von Ex-Formel-1-Star Gerhard Berger wurde das zuvor schon sehr zuschauerfreundliche Konzept der DTM mit Blick auf veränderte und neue Bedürfnisse der Fans weiterentwickelt.

Klar, die seit Jahrzehnten äußerst erfolgreiche und beliebte Tourenwagen-Show soll möglichst auch wieder mehr Fans im Alter zwischen 14 und 49 an die Strecken locken. Denn die kaufen am ehesten neue Serienautos von Audi, BMW und Mercedes und die Produkte von deren Sponsoren. Genau diese Zielgruppe versammelt die DTM bei ihren Rennen am liebsten auch vor dem TV-Bildschirm. Aktuell liegt ihre Fernsehquote bei den 14- bis 49-Jährigen gegenüber 2017 massiv im Plus. Insgesamt sahen die ersten zehn Rennen im Schnitt rund 650.000 Zuschauer live beim neuen DTM-Fernseh-Partner SAT.1.

Zusammen mit ORF und MySports, die 2018 erstmals eigene Live-Übertragungen in Österreich und in der Schweiz übernehmen, werden laut der DTM-Dachorganisation ITR aktuell Einschaltquoten erzielt wie zuletzt bei der ARD. Das ist auf jeden Fall besser als das, was durch den ersten Senderwechsel seit 18 Jahren zu erwarten war.

NEUE REGELN, BESSERES RACING

In den Fernsehsesseln hat es sich offenbar fix rumgesprochen: SAT.1 präsentiert die DTM im TV frischer und frecher, vor allem aber ist das Racing auf der Piste mit den dröhnenden V8-Boliden so spannend wie lange nicht. Helm ab auch da vor den Regelmachern! Die ab 2018 vereinheitlichte Aerodynamik (minus 25 Prozent Abtrieb) und der Verzicht auf die umstrittenen Performance-Gewichte haben den Wettbewerb tatsächlich besser gemacht.

Und: Seit Zandvoort ist auch Audi mit vorn bei der neuen Musik. Der Titelverteidiger, 2017 mit vier Fahrern auf den ersten vier Plätzen und dazu jeweils Erster in Team- und Herstellerwertung, hatte sich nach seinem erfolgreichsten DTM-Ergebnis aller Zeiten zunächst schwer getan in der aktuellen Saison. Woran das lag? Ein großer Teil der bis letztes Jahr noch frei gestaltbaren Aerodynamik (z.B. rund um die Radhäuser) ist seit 2018 einheitlich vorgeschrieben. Audi hatte dieser Reglementsänderung zum Wohle des Sports zugestimmt. Und damit ganz bewusst seine über Jahre hart erarbeiteten Vorteile aufgegeben.

Erschwerend hinzu kommt für Audi in dieser Saison: Der um ein Viertel reduzierte Abtrieb hat auch großen Einfluss auf die Fahrwerksabstimmung und die Reifenperformance. Außerdem gibt es beim Fahrwerk heute weniger Einstellungsmöglichkeiten. Die Marke mit den Vier Ringen brauchte deshalb mehr Zeit, um ihr letztjähriges, besonders erfolgreiches Meisterauto Audi RS 5 DTM an all das anzupassen. Der erste Audi-Saisonsieg von René Rast in Zandvoort macht Mut. Und weckt noch mehr Ehrgeiz.

ABT NEU UND STÄRKER AUFGESTELLT

Besonders das Audi Sport Team Abt Sportsline aus Kempten, eines der drei DTM-Einsatzteams von Audi, ist heiß auf eine geile zweite Halbzeit und zehn weitere Rennen in Brands Hatch, Misano, Nürburg, Spielberg und Hockenheim. Immerhin hat die Mannschaft um Hans-Jürgen Abt 2000 die neue DTM mit gegründet und ist heute dort das langjährigste und erfolgreichste Audi-Team (fünfmal Fahrer-, viermal Team-Champion). Nach den hauchdünn verpassten DTM-Titeln in den Jahren 2016 und 2017 haben sich die extrem erfahrenen und ehrgeizigen Allgäuer für 2018 in vielen Bereichen neu und stärker aufgestellt.

Mattias Ekström hat das Team nach 17 Jahren verlassen. Der Schwede, bei ABT vom jungen Talent zum weltweiten Superstar gereift, konzentriert sich nun auf sein von Audi werksunterstütztes Rallycross-Weltmeisterschaftsteam EKS. Als Dank für seine große Treue und vielen Erfolge durfte „Eki“ 2018 bei den DTM-Auftaktrennen in Hockenheim als Gaststarter in einem dritten ABT Audi außer Konkurrenz noch zweimal mitfahren.

Ekströms Rolle als fahrerischer Routinier und Teamleader hat Nico Müller übernommen. Der Schweizer ist seit 2014 DTM-Pilot für Audi und seit 2016 bei ABT. Sein bestes Saisonergebnis bisher: Dritter in Budapest (Ungarn). Den zweiten Audi RS 5 DTM von ABT fährt nun Robin Frijns. Der Niederländer ist DTM-Neuling. Er hatte sich im GT-Programm von Audi Sport empfohlen. Ein fünfter Rang auf seiner Heimstrecke in Zandvoort ist vorerst sein größtes Highlight.

Neu beim ABT Team um Sportdirektor Thomas Biermaier sind 2018 auch die beiden Renningenieure für die DTM: Felix Fechner und Michael Petit. Der eine kam aus der DTM-Mannschaft von Audi, der andere war zuvor bei ABT Dateningenieur des Ekström-Autos. Fechner betreut nun den Audi RS 5 DTM von Nico Müller, Petit den von Robin ­Frijns. Geleitet wird die technische ABT Crew seit dieser Saison von Florian Modlinger. Der ist ein wahrer Technik-Tarzan. Er führte Audi 2017 als Technischer Direktor zum Titel-Triple. Die nächsten DTM-Ziele von ABT: neue Siege schaffen und am Saison­ende das beste der drei Teams von Audi sein.

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